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Der Poet Wennerbom

Durch den Park weht Wind im sanften Sause,
da kommt Wennerbom vom Armenhause,
torkelt mit der Buddel in der Hand,
kreuzt das Trottoir und schlurft im Sand,
trinkt und stillt den Brand,
murmelt, lächelt seelenvoll im Rausche.

Bienen surren, summen ihre Lieder
und die Larven stürzen sich kopfüber
von den Bäumen; alles glänzt und blüht,
alles ist von Duft erfüllt und glüht.
Traurig im Gemüt
setzt sich Wennerbom im Grase nieder.

Vögel quinquilieren froh und zwitschern,
und Grashüpfer spielen ihre Zithern.
Wennerbom lauscht bitter, ganz allein,
pichelt seines Elends sauren Wein
schlürfend wie ein Schwein.
Sonnenstrahlen auf der Buddel glitzern.

Wennerbom und Branntwein sind Gesellen,
und er murmelt: “Branntwein kann erhellen,
trösten den, der aller Hoffnung bar.
Auf die Jugend und was einmal war!
Branntwein, hell und klar,
kann betäuben und am Ende fällen.

Groß und feurig war einst mein Gedanke,
ehe ich ertrank in diesem Tranke,
fünfzehn Jahr sind’s, daß ich trunken bin.
Hei Bouteille, alles Schöne ist dahin,
du nur küßt mein Kinn,
nährest Wennerbom von deinem Schanke!”

Und er sinkt in einen milden Schlummer,
und des Parkes Bäume geben Schummer
sorgsam dem Poeten Wennerbom.
Die Kastanienblüten regnen stumm
auf die Buddel Rum,
Wennerbom ist fern von Harm und Kummer.

Reich und tief ist sein Talent bemessen,
Qualen nicht mehr an der Seele fressen,
fern ist, was er bitter hat bereut.
In das Traumland seiner Jugendzeit
schläft er sich befreit;
gut ist’s für Poeten zu vergessen.



 Gustaf Fröding, Schilf, Schilf, rausche. Ausgewählte Gedichte
 übersetzt von Klaus-Rüdiger Utschick, ©1999